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Peter Ohlendorf präsentiert den Film „Blut muss fließen“. Außerdem auf dem Podium: Timo Schöler aus der Q12 und Martin Rehfeldt von der Universität Bamberg und Schüler des Wahlkurses „Schule ohne Rassismus/Schule mit Courage“

Er nennt sich Thomas und er bewegt sich auf extrem gefährlichem Terrain. Über viele Jahre (Anfang der 2000er bis 2012) schlüpft er in Springerstiefel und Bomberjacke und filmt heimlich rechtsradikale Konzerte in Europa (Deutschland, England, Frankeich, Ungarn etc.), besucht szenebekannte Läden, die Musik, Kleidung und Waffen für die Rechtsextremen verkaufen und begibt sich auf „Schnitzeljagd“ (O-Ton) zu den Hotspots der Nazis. Die Kamera im Knopfloch und vollständig verkabelt. Was er dort zu sehen und zu hören bekommt, dokumentiert der Film „Blut muss fließen“ (gleichzeitig der Titel eines einschlägigen Rechtsrock- Songs), den Thomas mit dem Filmemacher Peter Ohlendorf realisiert hat und mit dem Peter Ohlendorf quer durch die Republik reist, um  mit den Zuschauern ins Gespräch zu kommen.

Die Gesellschaft und die Medien hätten das gewalttätige und terroristische Potential der Szene viel zu lange unterschätzt, sagt Peter Ohlendorf und fügt hinzu, dass erst mit dem Bekanntwerden der NSU-Mordserie das Interesse an dem Thema und dem Film gestiegen sei. So sieht man in dem Film auch, wie Thomas den damaligen bayerischen Innenminister Beckstein (CSU) mit seinen Recherchen konfrontiert und ihn fragt, weshalb die Polizei bei eindeutigen Straftaten (Zeugen des Hitlergrußes, Singen von verbotenen Liedern, Propaganda, Volksverhetzung etc.) nicht eingreife. Die Antwort des Innenministers, nun ja: ausweichend.

Dabei, und das zeigt der Film sehr eindrücklich, wird in vielen Liedern zu Gewalt gegen Fremde und Andersdenkende aufgerufen, wie auch Timo Schöler aus der Q12 betont, der seine Seminararbeit zu Gewalt in rechter Rockmusik verfasst hat. Martin Rehfeldt von der Universität Bamberg, der auf seinem Blog deutsche Liedtexte analysiert, stellt fest, dass es auch der Reiz der Provokation ist, der Jugendliche anspricht. In vielen Teilen Ostdeutschlands sei die rechte Jugendkultur längst Mainstream, auch wenn sich diese an anderen Jugendkulturen (Hip-Hop, Punk, Black-Metal) orientiere.

Dass die rechte Szene in vielen Bereichen fast schon bürgerlich daherkommt, zeigt die verstörendste Szene des Films. In einer Landdisko tritt die Betreiberin die Bühne und entschuldigt sich vor ihrem Publikum, dass jetzt leider keine weiteren Rechtsrocksongs mehr kommen würden, weil die Polizei dies untersage. Daraufhin tanzen die Nazis fröhlich Polonaise und Foxtrott zu deutschen Schlagern.

Überzeugte Nazis zu bekehren sei fast unmöglich, meint Peter Ohlendof zum Abschluss der Diskussion. Man müsse verhindern, dass Jugendliche in die Szene abdriften.

Michael Blank