Mit einem Schritt zurück Richtung Zukunft? – Ein Kommentar von Leon Oberst zur geplanten Änderung der Handynutzungsordnung
Eines vorweg: Die aktuelle Handynutzungsordnung ist etwas Besonderes. Eine so liberale Lösung ist eigentlich nicht möglich, da die Schule an die gesetzlichen Vorgaben gebunden ist, die das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz (kurz: BayEuG) vorschreibt. Und das sagt ganz klar, dass Handys und sonstige digitale Endgeräte auf dem Schulgelände ausgeschaltet sein müssen. Nur ein sogenannter Schulversuch vom Kultusministerium erlaubt es unserer Schule, eine freiere Regelung festzulegen. Dies wurde bisher aus Schülersicht auch sehr offen umgesetzt.
Ich ertappe mich öfter selbst, wenn ich mit dem Handy meine freie Zeit verbringe
Umso enttäuschter ist es jetzt, dass nach massiven Klagen aus dem Kreis des Lehrerkollegiums, aber auch der Eltern jetzt eine neue Lösung erarbeitet und zur Abstimmung gestellt werden musste. Der gewichtigste Anstoßpunkt war wohl das Gefühl, dass das Handy in einem ausufernden Rahmen für nicht mit der Schule verbundene Dinge, vor allem sind da Spiele zu nennen, verwendet wurde. Und wenn man ganz ehrlich ist, ist da schon etwas dran. Da nehme ich mich selbst nicht aus: Auch ich ertappe mich öfter selbst, wenn ich mal wieder mit dem digitalen Endgerät mit nicht wirklich schulischem Inhalt meine freie Zeit verbringe. Deshalb stehe ich einer Änderung ganz grundsätzlich gar nicht negativ gegenüber. Was ich dagegen nicht unterstütze, ist der Inhalt des derzeitigen Entwurfes. Eine finale Version ist laut den Verantwortlichen zwar noch in Arbeit, aber die wichtigsten Eckpunkte hat Herr Garbe bei einer Aussprache mit Frau Cleary und in einem Interview mit dem Sketch bereits dargelegt: Demnach ist die Nutzung im Unterricht zu Unterrichtszwecken wie bisher auch weiter erlaubt, aber die freie Nutzung ist nur noch für die Oberstufe in einem sehr beschränkten Rahmen möglich. Für die Unter- und Mittelstufe ist sie gänzlich verboten. Mit diesem Schritt würden wir de facto quasi fast gänzlich zur gesetzlichen Regelung zurückkehren.
Sie aus der Schule zu verbannen, ist kein Umgang, sondern bewusstes Ignorieren des Problems
In Zeiten, in denen Digitalisierung, Medienerziehung und –kompetenz Schlagworte sind, wäre eine offenere Lösung ein wichtiger Bestandteil dieses Prozesses. Schule soll uns dabei anleiten, einen verantwortungsvollen und bewussten Umgang mit modernen Geräten zu entwickeln, der in Zeiten von Fake News und Populismus umso wichtiger zu sein scheint. Dieses Ziel lässt sich aber nur erreichen, wenn Schüler die Möglichkeit erhalten, damit umzugehen. Auch wenn dies vermutlich der Wunsch wäre, ist es in der Realität leider so, dass der Unterricht alleine mobile Endgeräte nicht genug einbinden kann, um diese Funktion alleine abzudecken. Also muss das irgendwo anders passieren. Hier wäre es auch der falsche Ansatz, die Verantwortung alleine auf das private Umfeld abzuwälzen. Übrig bleibt also nur der erweiterte schulische Raum außerhalb des Unterrichts. Des Weiteren sind Handys nun mal nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Sie jetzt also großflächig aus der Schule zu verbannen, ist kein Umgang mit dem Phänomen, sondern nur ein bewusstes Ignorieren.
Handys gehören für uns zum Alltag
Uns Schülern geht es nicht um einen Freibrief mit dem wir alles immer machen dürfen, was uns in diesem Bereich vorschwebt, wie uns zumindest von einigen öfter vorgeworfen wird. Handys gehören für uns einfach zum Alltag und deshalb möchten wir auch, dass sie so behandelt werden und die Thematik nicht einfach ignoriert und der Gegenstand der Debatte als “Teufelszeug” abgetan wird. Wir sind durch den Schulversuch in der glücklichen Lage, diverse Freiheiten in diesem Themenfeld zu haben und die erarbeitete Nutzungsordnung auch über den eigentlichen Versuch hinaus im Schuljahr 2020/21 anzuwenden. Darum sollten wir diese Möglichkeit auch nutzen, um unsere Schule bereit für die digitale Zukunft zu machen!
Zuletzt sei noch angemerkt, dass dieser Vorschlag ein noch nicht genehmigter Entwurf ist, über den das Schulforum, in dem auch wir als Schüler durch die Schülersprecher repräsentiert sind, noch abstimmen muss. Er ist also momentan noch nicht gültig und es ist noch unsicher, ob er zur Anwendung kommen wird.
Leon Oberst
Sketch AG
V.i.S.d.P.: Michael Blank